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Anschlussbeitragsrecht
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Bürgerlasten in den neuen Bundesländern:
Immer wieder werden Erwerber von Grundstücken in den neuen Bundesländern von hohen Beitragsforderungen der örtlichen Versorgungsträger überrascht. Nicht selten stehen die geforderten Anschlussbeiträge in krassem Missverhältnis zum Kaufpreis des Grundstückes. Hierdurch werden nicht nur die Eigentümer finanziell immens belastet, sondern auch Investitionen in strukturschwachen Gegenden erschwert. Oft sind die Beitragsforderungen jedoch unberechtigt.
1. Herstellungsbeitrag für „Altanschließer“?
Beiträge sind dazu bestimmt, diejenigen an den Kosten der Herstellung einer öffentlichen Einrichtung zu beteiligen, denen durch die Einrichtung wirtschaftliche Vorteile gewährt werden. Sie werden nach Kommunalabgabengesetzen entweder für die „Herstellung“, die „Verbesserung“ oder die „Erneuerung“ von Versorgungsanlagen erhoben. Obwohl die Anlagen und Leitungen der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung bereits zu DDR-Zeiten gebaut wurden, sollen auch Neueigentümer altangeschlossener Grundstücke noch heute für die Kosten der Herstellung der öffentlicher Anlagen herangezogen werden. Hierdurch wollen die Versorgungsträger die Kosten des Ausbaus der alten Anlagen umlegen.
Die Kommunalabgabengesetze entscheiden jedoch ganz bewusst zwischen Herstellung und Erneuerung. Denn Im Anschlussbeitragsrecht gilt das Vorteilsprinzip: Die Beiträge sind immer nach dem wirtschaftlichen Vorteil zu bemessen, den eine Versorgungseinrichtung dem Grundstück bringen kann. Von Altanschlussnehmern können Beiträge für eine Erneuerung somit immer nur erhoben werden, wenn Ihnen qualitativ neue Vorteile erwachsen. Die Sanierung der Anlagen wird jedoch häufig kaum zu einer weiteren wirtschaftlichen Verbesserung der Gebrauchsmöglichkeiten des Grundstücks führen. Für eine bloße Erneuerung wäre für die Versorgungsträger also regelmäßig wesentlich weniger zu holen.
Einige Verwaltungsgerichte haben jedoch auch die Erhebung eines Beitrages für die Herstellung bei Altanschließern für grundsätzlich zulässig erachtet. So soll die erstmalige Sanierung von Altanlagen nach der Wiedervereinigung nicht etwa eine Erneuerung, sondern auch eine Herstellung im Sinne der Kommunalabgabengesetze darstellen. Die Versorgungsträger sollen demnach zumindest Beiträge für die Investitionen verlangen können, die nach der Wiedervereinigung getätigt wurden.
Diese Rechtsprechung ist verfassungsrechtlich äußerst bedenklich. Die Vermischung der Tatbestände „Erneuerung“ und „Herstellung“ verletzt das Gebot der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die sich an den Gesetzeswortlaut zu halten hat. Eine Herstellung meint gerade nicht eine Sanierung, sondern die Neuerstellung einer Anlage. Bloße technische Ausbauten und Modernisierungen werden deshalb auch sonst in der Rechtsprechung nicht mit einer Herstellung gleichgesetzt. Und die bloß rechtliche Errichtung einer öffentlichen Einrichtung durch die Schaffung von Vorschriften, die dem Bürger einen Anspruch auf Ver- und Entsorgung garantieren, ist nicht die kostenauslösende Maßnahme.
2. Die Problematik der Verjährung
Die Grundstückseigentümer sind zudem überrascht, dass die Beitragsforderungen bei einem so viele Jahre bestehenden Anschluss überhaupt noch geltend gemacht werden können.
Für die Verjährung der Festsetzung der Beiträge ist der Beginn der sachlichen Beitragspflicht maßgeblich. In der Rechtsprechung wird vielfach die Auffassung vertreten, dass diese Beitragspflicht erst mit der rechtlichen Absicherung der Ver- und Entsorgung durch eine entsprechende wirksame Satzung beginnen könne. Diese Anknüpfung an den Satzungserlass führt aber dazu, dass die Versorgungsträger durch Erlass einer solchen Satzung letztlich selbst bestimmen, ab wann die Festsetzungsverjährung läuft. Diese Auffassung ist daher auch in der Rechtsprechung nicht unumstritten. Das verbriefte Recht zur Nutzung öffentlicher Anlagen bestand nämlich nicht erst ab Satzungserlass, sondern schon mit dem Einigungsvertrag und der Möglichkeit der Regelung der Beitragserhebung in den Kommunalabgabengesetzen, die in den neuen Ländern den frühen Neunzigerjahren erlassen wurden. Da die Versorgungseinrichtungen bereits bestanden, muss die Festsetzung des Beitrages auch ab diesem Zeitpunkt verjähren, da dann eine Festsetzung erstmals möglich gewesen wäre. Die fünfjährige Verjährungsfrist wäre demnach in den Altanschlussfällen bereits abgelaufen.
In Mecklenburg-Vorpommern wurde durch Änderung des Kommunalabgabengesetzes im Jahre 2005 die Verjährung aber sogar bis spätestens 31.12.2008 ausgeschlossen, um die Erhebung auch noch länger nach Erlass der Satzungen zu ermöglichen.
Dass aufgrund solcher Gesetzesänderung und der oben genannten Rechtsprechung eine Verjährung praktisch ausgeschlossen wird, widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen. Denn Gesetze und Satzungen begründen so rückwirkend eine Beitragspflicht. Es kann aber nicht sein, dass der Bürger keinerlei Rechtssicherheit hat und jederzeit für den Anschluss seines Grundstücks herangezogen werden könnte, auch wenn dieser bereits vor 100 Jahren gelegt wurden. So wurde bei Erschließungsbeiträgen nach BauGB gemäß dem Einigungsvertrag auch ausdrücklich geregelt, dass ein eine Inanspruchnahme von bereits zu DDR-Zeiten erschlossenen Grundstücken ausgeschlossen ist. Gleiches muss auch für die kommunalen Anschlussbeiträge gelten.
Im Hinblick auf die Altanschließerproblematik ist nach der bisherigen Rechtsprechung einiger Verwaltungsgerichte mit einer erfolgreichen Klage somit nicht ohne weiteres zu rechnen. Eine Klärung dessen wird eventuell erst nach dem Gang durch die Instanzen vor dem Bundesverfassungsgericht oder auf europäischer Ebene herbeigeführt werden können. Im Jahr 2006 sind bereits Verfassungsbeschwerden hierzu eingereicht worden, die jedoch nicht zur Entscheidung angenommen wurden. Eine Verfassungsgerichtsentscheidung in der Sache wurde also noch nicht getroffen.