Zwangsvollstreckung

Letztes Mittel der Rechtsdurchsetzung


Wenn der Anspruchsgegner nach erwirkter einstweiliger Verfügung, nach erwirktem Vollstreckungsbescheid oder Urteil nicht freiwillig handelt oder zahlt, werden wir Ihnen vorschlagen, die Zwangsvollstreckung des Titels zu betreiben. Als Titel werden zusammenfassend Urkunden, Beschlüsse, Urteile und Vollstreckungsbescheide, aus denen die Zwangsvollstreckung möglich ist, bezeichnet.

Der wohl häufigste Fall der Zwangsvollstreckung ist die Vollstreckung wegen Geldforderungen. Deshalb möchten wir Ihnen dazu ein paar Hinweise geben: Die Grundlagen einer zügigen Rechtsdurchsetzung bei Vertragsstörungen werden häufig schon bei Vertragsabschluß gesetzt. Deshalb ist die Kenntnis der Möglichkeiten, oder auch dessen, was nicht möglich ist, wichtig.


1. Voraussetzungen erfolgreicher Zwangsvollstreckung.

Die spätere Rechtsdurchsetzung kann schon an ganz einfachen Kriterien scheitern. Deshalb, je mehr Sie - und im Falle einer Vertragsstörung später dann wir von Ihnen - über den späteren Schuldner erfahren, um so größer sind die Möglichkeiten, Ihnen später zu Ihrem Recht zu verhelfen. Wenn die Vollstreckung ansteht, werden wir Ihnen eine Vielzahl von Fragen zum Gegner vorlegen, die zur Durchsetzung von Geldforderungen hilfreich sein können.

Unabdingbare Voraussetzung ist der exakte Name und die genaue Rechtsform Ihres Vertragspartners, Ihres Schuldners. Von entscheidender Bedeutung ist die Frage, ob es sich um eine natürliche Person, einen Einzelkaufmann, eine Personen- oder Kapitalgesellschaft oder um einen Verein handelt und ob der Sitz im In- oder Ausland ist. Häufig ist es sehr hilfreich, wenn man einen Briefbogen des Schuldners in Händen hält, weil dieser in der Regel die wesentlichsten Angaben enthält.

Auf die Vorsichtsmaßnahmen, die bei Geschäften mit Kapitalgesellschaften und Vereinen einzuhalten sind, möchten wir an dieser Stelle nicht eingehen; jedoch ist neben der Kenntnis der exakten Firmierung und einer zutreffenden Anschrift die namentliche Benennung der Geschäftsführer oder des Vorstandes unabdingbare Voraussetzung für die Rechtsdurchsetzung. Dabei muß beachtet werden, daß man das Geschäft auch mit einer zur Vertretung berechtigten Person abschließt.

Weitere Kenntnisse erleichtern und beschleunigen die Rechtsdurchsetzung: Bei Gesellschaften und Vereinen ist die Kenntnis von Sitz und Registergericht hilfreich. Wenn routinemäßig auch Erkenntnisse über das Vermögen und die Gesellschaftsverhältnisse bekannt werden, so kann dies im Falle der Vertragsstörung eine immense Hilfe sein.

Bei natürlichen Personen spielt das Geburtsdatum eine wichtige Rolle, weil dann später eine Adressverfolgung wesentlich leichter wird. Wir kennen eine Vielzahl von Fällen, in denen es schlicht heißt "unbekannt verzogen". So sinkt der Wert des größten Titels auf Null.


2. Mittel der Zwangsvollstreckung

Wenn die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen, muß überlegt werden, welche Maßnahme den größten Erfolg haben wird. Die nachfolgend dargestellten Einzelmaßnahmen können zum Teil in unterschiedlicher Reihenfolge und auch wiederholt angewandt werden. Bei der Auswahl ist häufig taktisches Kalkül erforderlich. Insbesondere die Bearbeitungszeiten von häufig mehreren Wochen, teilweise sogar Monaten bei Vollstreckungsgerichten und Gerichtsvollziehern sind zu berücksichtigen.


3. Der Gerichtsvollzieherauftrag

Bei der Beauftragung eines Gerichtsvollziehers wird dieser versuchen, bei dem Schuldner Geld einzuziehen. Der Gerichtsvollzieher sucht den Schuldner persönlich auf und fordert den Schuldner, respektive die Geschäftsführer oder Vorstände auf, zu zahlen. Der Gerichtsvollzieher sieht sich beim Schuldner auch um, ob er sogenannte pfändbare Habe findet. Es ist jedoch Ihre und unsere Aufgabe, dem Gerichtsvollzieher möglichst viele Informationen über den Schuldner und dessen Vermögen mit auf den Weg zu geben. Der Gerichtsvollzieher kann kaum von sich aus wissen, daß der Schuldner noch einen bezahlten Ferrari in der Garage hat.

Der Schuldner hat die Möglichkeit, dem Gerichtsvollzieher den Zutritt zu verweigern. Dann kann bei Gericht ein Durchsuchungsbeschluß erwirkt werden, damit der Gerichtsvollzieher die Tür zwangsweise öffnen lassen oder den Schuldner auch zur Nachtzeit aufsuchen darf.

Eine sehr effektive Gerichtsvollziehermaßnahme kann die Taschenpfändung sein. Wenn Sie uns sagen können, wann und wo der Schuldner besonders viel Geld oder Sachwerte bei sich hat, können wir den Gerichtsvollzieher zu einer exakten Zeit an einen exakten Ort bestellen und dort eine Pfändung vornehmen lassen. Eine solche Methode greift gelegentlich auch bei Schuldnern, die ihr Vermögen aus Furcht vor Vollstreckungen ansonsten gut verstecken. Ein Beispiel aus unserer Praxis: Ein Mandant wußte, daß sein Schuldner, der die eidesstattliche Versicherung bereits abgegeben hatte, immer nach Bangkok in den Urlaub fliegt, um dort so richtig auf die Pauke zu hauen, und dies in der Regel mit Bargeld bezahlt. Durch Zufall wurde der Abflugtermin bekannt. In enger Abstimmung mit dem Mandanten haben wir den Gerichtsvollzieher zum Flughafen bestellt, der dann mit den Worten "folgen Sie mir doch mal bitte kurz" den Schuldner um den einen oder anderen Tausender erleichterte. An diesem Beispiel ist abzulesen, daß detaillierteste Informationen Ihrerseits zu großen Erfolgen führen können.

Wenn der Gerichtsvollzieher keine Pfändung erreicht und den Schuldner auch nicht zu Ratenzahlungen bringen kann, stellt er eine sogenannte Unpfändbarkeitsbescheinigung aus.



4. Die eidesstattliche Versicherung und Haftbefehl

Ein scharfes Schwert bei der Vollstreckung ist die eidesstattliche Versicherung. Sobald die oben beschriebenen Unpfändbarkeitsbescheinigung vorliegt oder der Gerichtsvollzieher gegen den Schuldner nicht ordnungsgemäß vollstrecken kann, wird auf Antrag des Gläubigers die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung durch den Gerichtsvollzieher erfolgen. Der Gerichtsvollzieher bestimmt einen Termin, in dem der Schuldner in einem sehr ausführlichen Formular seine tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen muß. Er muß insbesondere sehr detaillierte Angaben zu seiner Vermögens- und Einkommenssituation machen. Diese Verpflichtung trifft auch Unternehmen, Gesellschaften und Vereine. Nachweislich falsche oder unvollständige Angaben werden strafrechtlich verfolgt.

Wenn der Schuldner nicht freiwillig zum Termin erscheint, kann beim Amtsgericht Haftbefehl beantragt und der Schuldner durch den Gerichtsvollzieher verhaftet werden; weigert sich der Schuldner, kann der Gerichtsvollzieher Polizeiunterstützung anfordern.

Die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung oder ein ausgestellter Haftbefehl ist der wirtschaftliche Todesstoß für jeden Unternehmer, für jedes Unternehmen und für jeden Menschen, der aktiv am Wirtschaftsleben teilnimmt. Sowohl die eidesstattliche Versicherung als auch Haftbefehle werden in der Schufa und in Kreditauskunfteien standardmäßig erfaßt. Das Schuldnerverzeichnis kann eingesehen werden. Vermögenslose Kapitalgesellschaften werden von Amts wegen gelöscht. Daher wird jeder Schuldner, der noch einen Rest Bonität retten will, versuchen, sich mit Ihnen über die Rückzahlungsmodalitäten zu verständigen, um die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu umgehen.


5. Die Konten- und Forderungspfändung

Eine besonders effektive Vollstreckung ist der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß. Dabei werden Forderungen des Schuldners gepfändet und der Drittschuldner, das ist die Person, die eigentlich an den Schuldner zahlen muß, gezwungen, an Sie zu zahlen. Auf diese Weise kann man, soweit man es kennt, auf das Girokonto des Schuldners zugreifen, in die Geschäftsverbindungen, Kapitalanlagen oder Mieteinkünfte des Schuldners pfänden, oder auf die Gehalts- oder Rentenansprüche zugreifen. Auch ein Steuerguthaben des Schuldners läßt sich pfänden. Voraussetzung ist für uns jedoch stets, daß wir von Ihnen Informationen über derartige Vermögensverhältnisse erhalten - möglichst unter Einschluß der jeweiligen Konto- oder Vertragsnummer.

Sie müssen bedenken, daß Sie die Geschäftsverbindung zum Schuldner hatten und diesen daher weit besser kennen als wir.

Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß wird bei Gericht beantragt und dann zugestellt. Da dies einige Zeit in Anspruch nimmt, gibt es ein Sicherungsinstrument, das vorläufige Zahlungsverbot. Damit wird für die Dauer von einem Monat der Rang für einen nachfolgenden Pfändungs- und Überweisungsbeschluß gewahrt.


6. Zwangsvollstreckung in Grundstücke

Eine gleichfalls sehr effektive Methode ist der Antrag auf Eintragung einer Sicherungshypothek im Grundbuch des Schuldners. Gleiches geht auch, wenn der Schuldner Eigentümer eines eingetragenen Seeschiffes ist. Das bedeutet, daß im Grundbuch zugunsten des Gläubigers eine Belastung eingetragen wird. Dies kann neben der erwähnten Sicherungshypothek auch die Anordnung der Zwangsverwaltung sein.

Sollte das Objekt des Schuldners zur Zwangsversteigerung kommen, kann es natürlich auch sein, daß man mit der eingetragenen Sicherungshypothek ausfällt. Gleichwohl greift eine solche Maßnahme manchmal selbst dann, wenn das Objekt im Grunde schon überschuldet ist. Der Schuldner kann seine Immobilie in der Regel nur lastenfrei veräußern. Um dies - auch bei eingetretener Überschuldung - zu erreichen, muß er Ihnen ein vernünftiges Angebot machen; ansonsten geben Sie das Grundbuch nicht frei.

Wir haben die Erfahrung gemacht, daß grundbuchmäßig gesicherte Forderungen, auch bei Überschuldung des Objektes, in der Regel weitgehend bedient werden. Wenn der Schuldner nach Eintragung der Sicherungshypothek nicht freiwillig bezahlt, kann aus der Sicherungshypothek die Zwangsversteigerung des Objektes betrieben werden.


7. Auswirkungen der Insolvenzordnung

Durch die neue Insolvenzordnung ergeben sich Änderungen, die man als Gläubiger kennen sollte: Als Gläubiger kann man zu einem gerichtlichen Vergleich, also zu einem teilweisen Forderungsverzicht gezwungen werden. Während früher die Titel 30 Jahre lang uneingeschränkt vollstreckt werden konnten, bietet die neue Insolvenzordnung und die damit zusammenhängende Möglichkeit der Restschuldbefreiung dem Schuldner ein Instrument, mit dem er sich durch unter Umständen sehr geringe Teilbeträge von seiner Restschuld befreien kann. Dies kann möglicherweise schon in 5 oder 7 Jahren geschehen. Umgekehrt können so vielleicht auch Teilbeträge erzielt werden, die nicht bezahlt worden wären, wenn der Schuldner dauerhaft in die Schattenwirtschaft abgedrängt worden wäre. Da die Möglichkeit der Restschuldbefreiung erst seit dem 1. Januar 1999 besteht, bleibt abzuwarten, welche Auswirkungen diese auf die Durchsetzung rechtskräftiger Titel haben wird.

Es gibt also eine Fülle von Maßnahmen, die helfen können, Ihr Geld zu retten. Gleichwohl enden viele Vollstreckungsmaßnahmen erfolglos. Wir möchten Ihnen helfen, all dies zu vermeiden und von vornherein dazu beitragen, daß schon früh die Weichen richtig gestellt werden: Dies beginnt bereits bei den rechtlichen Aspekten in der Organisation der Geschäftsanbahnung und -abwicklung, bei der Vertragsgestaltung, beim Forderungsmanagement und bei der Organisation eines effektiven Mahnwesens.